Bürofest zum 45-jährigen Bestehen
Ausstellung von Bruno Klomfar

 

Da wir bereits ein Jahr in der Kaiserstraße „werkeln“, war es Zeit für ein Fest. Eine Jubiläumsfeier ist es dann auch geworden, weil Fritz Göbl 1973 sein Büro in Krems eröffnet hat.
Florian Medicus sprach in ganzen Sätzen über den Humor in der Architektur und über Werke von Bruno Klomfar. Gaumenfreuden wurden von Chefkoch Ivan Mascia kredenzt und Weine unserer Winzerfreunde und -Auftraggeber Sepp und Josef Dockner, Meinhard Forstreiter sowie Josef und Matthias Burger stimulierten Geist und Körper.

© Bruno Klomfar

© Bruno Klomfar

K U R Z E  R E D E von Florian Medicus

für Göbl und Klomfar

(ich muss mich vorab gleich entschuldigen [Titel verwirrt, so kurz wird’s nicht werden > letzte Worte ‚Vielen Dank!‘] aber nachdem angekündigt wurde, ich würde in ganzen Sätzen sprechen – stieg der Druck natürlich gewaltig an, alles hin auf den gestrigen Abend, als diese Zeilen letztmöglich entstehen mussten! Dann muss ich auch beklagen, dass der Informationsfluss in den Westen Österreichs nur schleppend vor sich ging: so habe ich beispielsweise erst heute Kenntnis erhalten, dass auch das 45-jährige Bürojubiläum von Fritz Göbl gefeiert werden soll. Ich bitte Sie also den Umstand zu entschuldigen, dass ich entgegen besserer Absichten große Teile meiner kurzen Rede unschön vom Zettel ablesen muss und werde.)

Geehrte Damen und Herren! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen, liebe Familie und Freunde!

Mein Freund Lukas Göbl ist ein Unruhestifter – und ich kann mir im Zusammenhang mit allerhand Aktuellem (so denke ich im Moment etwa an unser aller Innenminister!) fast kein schöneres Kompliment, kein höheres Privileg vorstellen! Ich darf ‚Unruhestifter‘ sagen, nicht nur weil es wahr ist sondern weil ich auch seit Langem dabei bin und es nicht nur deshalb ganz sicher weiß!

Wobei es bei Göbl und mir weiß Gott keine Liebe auf den ersten Blick war. Es war auch nicht das wechselwirkende Gegenteil: ich mochte ihn halt damals schon als Erscheinung nicht; zu geckenhaft eitel schienen mir seine Posen, zu vulgär und lächerlich die ungefragten Manifeste, zu bunt seine Schuhe UND Hosenträger, zu groß sein sprühendes Ego, zu groß überhaupt sein Erfolg als Typ und Marke schon vor 20 Jahren! Ich vermute, ich war Göbl bestenfalls wurscht und für den Fall, dass er mich rückblickend wahrgenommen hätte, so verdanke ich diesen Umstand einzig dem Liebreiz meiner damaligen weiblichen Begleitung. Heute liebe ich ihn ja heiß – Göbl ist mir fast wie der Bruder, den ich nie wollte …

Die Zeiten haben sich also geändert und wir uns in ihnen, wir haben 2005 gemeinsam diplomiert, Aaron Betsky nannte unsere Hervorbringungen damals: two ugly motherfuckers und lange könnte ich jetzt – werde aber nicht!- wie am prasselnden Kaminfeuer sitzend einprägsame Anekdoten der letzten, gemeinsamen 15 Intensivjahre erzählen … das Personal summt friedlich Schubert, die Enkerl lutschen Werthers Echte … unwahrscheinlich!

Bruno Klomfar hingegen kannte ich bis zum heutigen Tage gar nicht. Hier weiß ich also viel zu wenig; hier müsste das Werktreue, das Objektive herhalten, auch so ein hartnäckiger Mythos, der immer an zu lange ungelüftete Kleiderschränke erinnert und gerne auch so riecht, kurz: etwas Theo-Lingen-haft Steifes und in sich verzweifelt Immer-Unvollständiges, mit dem man weder der Arbeit noch dem Menschen Bruno Klomfar gerecht würde.

Um heute Abend also weder in überhöhte Sentimentalitäten berauschter Heldensagen als in sperrig haltloses Vermutungs- und Theoriegeplapper abzubiegen (ich überlege was wohl lächerlicher wäre!), möchte ich kurz über etwas sprechen, von dem ich einerseits glaube, dass es die beiden heute zu beklatschenden Protagonisten verbindet und mir persönlich immer wichtiger wird, vor allem dadurch, weil er so oft fehlt:

DER HUMOR IN DER ARCHITEKTUR.

Vor einigen Jahren ereilte mich Ende November der Anruf der oberösterreichischen Architektenkammer: man hätte aus Wien gehört ich könne beides, also SIE BEIDE: also Hollein und Prix so parodieren, dass man bei der Weihnachtsfeier so gegen 22:30 eine wilde Gaudi hätt‘. Man würde auch das Zugticket 2. Klasse übernehmen … Ich habe das damals am Telefon so nicht gesagt als ich maulfaul wie dankend ablehnte, aber wenn ich meine bescheidene Beamtenschaft, meine kleine Provinz-Karriere letztgültig ruinieren wollte, so nur inmitten eines mehrtägigen Feuerwerks aus gebackenen Pfauenfedern, von Pier Paolo Pasolini höchstselbst gezapftem Jahrgangschampagner, ein Pool voll Raffaello und komisch tätowierten Dienerinnen der Wollust UND der sozialistischen Jugend – aber sicher nicht kurz vor Weihnachten bei der Architektenkammer in Linz!

Aber: war das falsch? Feig und hochmütig zugleich? Ich weiß es auch heute nicht zu sagen, wobei ich noch lange drüber nachgedacht habe …

Ich gebe auch zu: ich war kurz versucht, das damals Versäumte heute darzubringen … aber nein, viel lieber erzähle ich Ihnen allen einen sehr schlechten Architektenwitz:

Was sind die letzten Worte eines Architekten?

‚Oh, da hab‘ ich noch eine Idee …‘

(Witzende) Dieser Witz entstammt der ohnehin etwas einfältigen Sammlung der ‚Letzte-Worte-Witze‘ und ist selbst hierin gewiss einer der schlechteren. Es gibt also keine guten deutschsprachigen Architekten-Witze – Gegenbeweise erbeten! Es ist mir in Tagen gründlicher Recherche (ich führe ins Feld: Monalegre.info; Witze.net; Witzmaschine.com; gurk-online.de; aberwitzig.com; super-witzig.de oder lustich.de) nicht gelungen, mehr als der tatsächlichen Architekten-Witze ZWEI aufzutreiben! Und das wundert mich schon sehr, wo doch allein hier im 7. Bezirk … gleichwohl.

Ein Berufsstand ohne repräsentative Witze, eine witzlose Profession also? Man könnte es fast glauben, und schauen wir genauer um uns: zu lachen haben die Architekten- und Innen tatsächlich selten, wir wackeren Verteidiger der Baukultur und Standesehre. Es ist schon oft genug recht unerfreulich, und noch öfter kippt die Gaudi dann ins Verbissen-Tirolerische. Schwierig …

Schwierig vor allem deswegen, weil mir vorkommt, als hätte sich (kunst- und kulturgeschichtlich anbei nicht zum ersten Mal!) ein tiefer Graben aufgetan zwischen der vermeintlichen, leicht und lustigen Avant-Garde und dem ebenso vermeintlichen schweren und ernsten Pragmatismus der Architektur, beide selbstgewählten Positionsbezeichnungen sind natürlich falsch! Inzestuös-akademische Elaborationen verwetten sich gegen eine Architekturproduktion, deren auszeichnende Entsprechung bestenfalls das Prädikat ‚sauber‘ hervorbringt. SAUBER! Fortsetzung Digitale Revolution gegen Neuordnung Wärmeschutz; ‚the Autopoeisis of Architecture‘ vs. Checkliste zur Wohnbauförderung. Inspirationsquell Lavalampe gegen Werkvertragsnorm Trockenbau. Alles und jeder widrigenfalls verbunden in exklusiver und trotzdem umfassender Witzlosigkeit.

Das aktuelle Diskursproblem (nicht nur in der Architektur anbei!) ist vor allem, dass es nicht stattfindet! Die Pole sind in Theorie und Praxis abgewirtschaftet; letzte Deals werden gemacht und Professuren besetzt, alles in fadenscheinigen Dogmen verkrustet. Dazwischen ist die Luft sehr dünn und sinnvolle Betätigung nahezu ausgeschlossen. Humor könnte Brücken bauen, könnte helfen, zumal: so ernst und weltbewegend, so kulturentscheidend wichtig sind wir alle nicht, Gott sei Dank!

Friedrich Schiller war noch kein VON Schiller, war noch Revolutionär, als er ‚über die ästhetische Erziehung des Menschen‘ eine Reihe von Briefen schrieb. Schillers Vorstellung nach gibt es zwei Grundtriebe, die er ‚sinnlicher Trieb‘ und ‚Formtrieb‘ nannte. Verbunden werden diese Triebe notwendigerweise oder eben bestenfalls durch den ‚Spieltrieb‘, Grundlage jeglicher Ästhetik, humaner Anspruch und Vollendung. Schiller schreibt dazu im 15. Brief: „Der Mensch spielt nur, wo er in voller Bedeutung des Wortes Mensch ist, und er ist nur da ganz Mensch, wo er spielt.“

Sind wir nicht immer genau da gut, wo wir spielen durften; sind wir nicht immer genau dort am Punkt, wo wir uns Mal um Mal selbst widersprochen haben? Wir dürfen uns schlichtweg den Humor als unverzichtbaren Spielraum nicht nehmen lassen! Nicht in der Architektur, nicht in der Fotographie, nicht in der Grafik, der Kunst, dem Theater, nicht im Kulturschaffen generell. Man kennt es uns nämlich an, wenn wir an unseren ureigenen Anliegen bilanzgetrieben vorbeiwirtschaften! Man sieht es der Arbeit an, man kann es bald riechen …

Es ist bestimmt eine der schönsten Phasen der Elternschaft, wenn die Kinder erstmals Witze mit nach Hause bringen. Die Witze aus dem Kindergarten sind im Aufbau meist unvollständig, inhaltlich nahezu immer dem Themenkreis des Fäkalen entnommen, zeigen aber sowohl das Erkennen und Wertschätzen des Humors als soziale, mithin vermittelnde Funktion wie auch ein reflexiv-semantisches Selbstbild sowohl als Kaka-Sender wie Kaka-Empfänger.

Ohne Humor ist es ein fades in-der-Welt-Sein, ohne das Spiel, ohne das Risiko zu erhöhen (unser großer Professor Wolf Prix empfahl hierzu ‚The Deer Hunter‘) ohne die dünne Haut, die Aufmerksamkeit, ohne dem Aufnehmen und Erzeugen von Intensitäten, dem Aufspüren von bislang unbemerkten, fast unsichtbaren Dingen, wie Maren Lübbke-Tidow schrieb wäre Bruno Klomfar nur einer von vielen Fotografen und Lukas Göbl nur einer von noch mehr Architekten. Wir sehen heute Abend glücklich, dass dem nicht so ist! In all der scheinbaren Ruhe sind sie beide die Unruhestifter, die wir so dringend brauchen.

Der zweite, schlechte Architektenwitz:

Was ist der Unterschied zwischen einem Arzt und einem Architekten?

Der Arzt begräbt seine Fehler.

Der Architekt empfiehlt Efeu zu pflanzen!

Beides heute nicht notwendig,

[PRIX]: weswegen ich wirklich sagen muss, dass dieser möglicherweise fünfdimenstionale Raumabend total genossen werden muss! Hast du … jah? Das Buffet muss brennen!

Vielen Dank.

F.M., 3./4. Oktober 2018

(sicheren Halt suchend in halbintelektueller Unverbindlichkeit)